Rede von Norman Volger zur Petition „Wir fordern die Stadt Leipzig auf, keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusbetriebe mit Wildtieren zu vergeben“

Rede von Norman Volger, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in der Ratsversammlung am 24.02.2016 zur Petition „Wir fordern die Stadt Leipzig auf, keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusbetriebe mit Wildtieren zu vergeben“

Sehr geehrter Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrte Herren Beigeordnete, sehr geehrte Frau Dubrau,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

Herr Schmidt hat schon viel zu den rechtlichen Aspekten der Petition und dem hanebüchenen Gefälligkeitsverwaltungsstandpunkt ausgeführt der schlicht falsch ist und nicht einmal das Ansinnen der Petition akkurat aufgreift. Dazu später aber mehr.
Vorab will ich hier mein Entsetzen und mein Unverständnis über die Verwaltung zum Ausdruck bringen. Die Petition wurde im August eingereicht und im Petitionsausschuss behandelt. Der Verwaltungsstandpunkt hat ewig auf sich warten lassen und jetzt, ein halbes Jahr später, stellt sich die Verwaltung hin und kündigt an, die Petition für rechtlich nicht zulässig zu erklären, wenn sie heute eine Mehrheit finden würde. 6 Monate werden die Petenten im Unklaren gelassen, 6 Monate werden die 3.300 Unterzeichner von der Verwaltung verschaukelt. Entweder man erklärt die Petition gleich bei der Annahme für unzulässig oder man lässt es. Das ist ein zutiefst unwürdiger Vorgang seitens der Verwaltung, Herr Oberbürgermeister Jung. Welches Zeichen sendet die Stadt Leipzig aus, wenn man Menschen, die sich am politischen Willensbildungsprozess beteiligen wollen, so behandelt. Ich für meinen Teil schäme mich für diese Vorgehen und sie sollen es auch tun. Mir bleibt nur, mich für die Verwaltung zu entschuldigen und die Leipziger aufzufordern, sich nicht entmutigen zu lassen und trotzdem Petitionen einzureichen, auch wenn sie gegen die erwartbare Verwaltungsmeinung sind.

Nun aber zurück zur Petition und den Rechtsstreitigkeiten. Sehr geehrte Stadträte, vergessen Sie einfach was Ihnen alles zur Zulässigkeit und zur Unzulässigkeit in den letzten Wochen erzählt wurde. Es ist zwar falsch von Seiten der Verwaltung, aber schlicht irrelevant. Wenn sie den Petitionstext genau lesen, steh da eben nicht, wie im Verwaltungsstandpunkt ausgeführt, etwas von einem Verbot. Da steht schlicht: „Wir fordern die Stadt Leipzig auf, keine kommunalen Flächen mehr an Zirkusse mit Wildtieren zu vergeben.“ Es ist also eine Aufforderung etwas zu tun, was die Stadt auch ohne jegliches Verbot tun kann und schon seit Jahren bei unliebsamen Anbietern von Showevents tut. Der Stadt steht es eben frei, bei Anfragen von Zirkussen mit Wildtieren nach kommunalen Flächen nein zu sagen. Eine Begründung braucht es da nicht. Als Eigentümer kann ich mir durchaus aussuchen, welche Anbieter ich auf meine Flächen lasse und welche nicht. Und so haben wir alle hier auch 2010 gehandelt, als wir beschlossen, keine kommunalen Flächen mehr an Freefightveranstaltungen zu vergeben. Der gleiche Sachverhalt, nur eben keine rechtlichen Bedenken seitens der Verwaltung, obwohl die FDP damals extra noch ein Rechtsgutachten vorlegte, was vom Rechtsamt geprüft und für nicht relevant befunden wurde. Ich zitiere jetzt mal das Protokoll der Ratsversammlung von 2010:

Herr OBM Jung stellt klar, dass es sich bei dem heute zu fassenden Beschluss um eine politische Willensbekundung des Stadtrates handele, die zum Inhalt habe, nach Möglichkeit rechtlich sauber zu prüfen, inwieweit solche Veranstaltungen in Leipzig verhindert werden könnten. Es sei keine verbindliche operative Anweisung an das Ordnungsamt, gegen Recht zu verstoßen. Er, Jung, betrachte die Willensbekundung des Stadtrates als einen Handlungsauftrag, im Rahmen des rechtlichen Machbaren zu agieren.

Rechtlich machbar ist auch der heutige Petitionstext wenn man ihn nicht bewusst sinnentstellt. Und da kommen wir zum springenden Punkt. Die Verwaltung wollte es damals beim Freefight ebenso und will es heute beim Zirkus eben nicht. Darüber sollten wir reden und entscheiden und uns nicht hinter absurden Rechtsverdrehungen verstecken. Das wäre fair. Und das ist auch OK im Umgang mit dem Thema und den Petenten. Demokratie lebt von unterschiedlichen Meinungen. Dann soll man aber auch dazu stehen. Wer Wildtierzirkusse toll findet soll das sagen, Herr Oberbürgermeister, und wer das nicht toll findet, hat eben eine andere Meinung. Darüber stimmen wir heute ab.
Lange Rede kurzer Sinn: blenden sie alles Rechtliche aus und entscheiden nur ob sie für einen wildtierfreien Zirkus sind im Sinne der Petition oder ob sie weiter Wildtiere im Zirkus sehen wollen und die damit verbundenen Haltungsdefizite in Kauf nehmen wollen.
Ach und bevor ich es vergesse, da der OBM sich ja immer das letzte Wort nimmt und mich und Sie darauf hinweisen wird, dass ich eben nicht Recht habe, schon mal vorab die Erwiderung. Nein Herr Jung die Petition ist rechtlich zulässig und biegen sie sich das Recht nicht nach ihren Gutdünken.

Sehr geehrte Stadträte, hören sie bei der Abstimmung auf ihr Herz. Ihr Herz für Tiere.

Vielen Dank.

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