Antrag: Einzelfallgenehmigungen ermöglichen – Veranstaltungsanmeldung vereinfachen

Antrag vom 16. Mai 2024

  1. Der Oberbürgermeister prüft die Möglichkeit einzelfallbezogenen Ausnahmegenehmigungen von Einzelveranstaltungen in geschlossenen Räumen zu ermöglichen, ohne dass dadurch die Pflicht zur Beantragung einer Baugenehmigung ausgelöst wird.
  2. Gegenüber dem Land setzt sich die Stadt für eine Änderung der Versammlungsstättenverordnung ein, um vorübergehend andere Nutzung vereinfacht zu ermöglichen.
  3. Über das Prüfergebnis wird der zuständige Ausschuss im dritten Quartal 2024 informiert.

Begründung:

Ausweislich der Antwort auf die Anfrage „Ausnahmegenehmigungen für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden“ (VII-F-09723 ) legt die Stadt die Regelungen der sächsischen Bauordnung sehr restriktiv aus, was dazu führt, dass bereits eine einmalige Abweichung der Nutzung in einem Gebäude zur Notwendigkeit einer neuen Baugenehmigung führt.

Im Klartext: Liegt bspw. eine erteilte Baugenehmigung für einen Lagerraum vor und wird dieser Lagerraum an 364 Tagen in diesem Sinne genutzt, ist es nicht möglich an einem Tag dort eine andere Nutzung durchzuführen, ohne das dies nach Ansicht der Bauordnungsbehörde eine neue Baugenehmigungspflicht auslöst.

Diese Praxis erscheint unflexibel und führt für die Eigentümer zu einem erheblichen Mehraufwand. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass bereits eine einmalige Abweichung der Nutzung von der bestehenden Baugenehmigung zu einer neuen Antragspflicht führt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsrechts etwa liegt bei einer bestehenden Baugenehmigung etwa für ein Café und damit eine gastronomische Einrichtung vor, wenn regelmäßig von der Baugenehmigung abweichende Veranstaltungen durchgeführt werden und zwar so, dass das Gepräge nicht mehr der beantragten und genehmigten Nutzung entspricht.

Entsprechend verfahren eine Reihe von Gemeinden in Deutschland nach diesem Prinzip und prüfen im Einzelfall ob wirklich eine neue Baugenehmigung beantragt werden muss oder im Rahmen einer Einzelfallentscheidung eine Veranstaltung mit Auflagen durchgeführt werden kann.

Durch die einzelfallbezogene Prüfung kann das Grundprinzip der sächsischen Bauordnung, die Gefahrenabwehr, ebenso sichergestellt werden.

Gerade da auch in Leipzig aufgrund der hohen Auflagen Räumlichkeiten für Veranstaltungen mit kulturellen Rahmen fehlen, welche auch explizit als Versammlungsstätten genehmigt sind, erscheint es sinnvoller die bisherige restriktive Auslegung zu hinterfragen und den Spielraum zu erweitern.

Dies ist auch ein Schritt zu Entbürokratisierung. Erst sofern eine dauerhaft abweichende Nutzung von der beantragten Baugenehmigung festgestellt wird, sollte es notwendig sein, dass eine neue Baugenehmigung beantragt wird, die für den Antragsteller mit erheblichen Kosten und Aufwand verbunden ist.

Aus der Antwort des Bauordnungsamtes geht zudem hervor, dass die Grundlage der bisherigen seit 2013 bestehenden Rechtspraxis eine Dienstanweisung ist, die rechtlich nicht bindend ist, sondern das gleichmäßige Vorgehen absichert.

In anderen ostdeutschen Kommunen wie Chemnitz und Halle, wird in der Praxis ein größerer Spielraum eingeräumt.

Zu 2) Vorbild kann dabei das bayrische Landesrecht sein mit Paragraph 47 der VStättVO sein, wo vorübergehende andere Nutzungen ermöglicht werden. Eine ähnliche Regelung gab es bis 2020 auch in Niedersachsen, wurde bei einer Gesetzesnovelle jedoch gestrichen.

 

Verwaltungsstandpunkt vom 09. Juli 2024

Der Antrag wird abgelehnt.

Rechtliche Konsequenzen:

Der Antrag verkennt die in der Stadt Leipzig gelebte Genehmigungspraxis, nicht schematisch bestimmte Grundsätze anzuwenden, sondern durchaus auch Einzelfallprüfungen durchzuführen. Eine Suspendierung von rechtlichen Vorschriften hingegen sieht das Rechtssystem nicht vor. Die rechtlichen Vorschriften sind dem Brandschutz und der baulichen Sicherheit geschuldet, Ziele, die von der Stadt Leipzig nicht in Frage gestellt werden.

Der Antrag ist aus folgenden Gründen rechtswidrig:

  1. Einzelveranstaltungen unterliegen als Nutzungsänderung der Sächsischen Bauordnung. Diese gilt im Land Sachsen für bauliche Anlagen und Bauprodukte. Die Stadt Leipzig ist weder zuständig noch befugt zu den landesrechtlichen Regelungen eigene Rechtsgrundlagen zu schaffen.
  2. Die Sächsische Versammlungsstättenverordnung wurde auf der Grundlage der Musterversammlungsstättenverordnung von der Obersten Bauaufsichtsbehörde Sachsen erlassen. Abweichende Regelungen würden das in der Bundesrepublik Deutschland allgemein festgeschriebene Sicherheitsniveau senken.

Begründung:

Das Verwaltungshandeln der Stadt Leipzig entspricht den landesrechtlichen Vorgaben. Die Prüfung von Nutzungsänderungen baulicher Anlagen im Rahmen der Baugenehmigung dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere von Leben und Gesundheit der Menschen.

Eine Prüfung, ob bei der Durchführung einer Veranstaltung Gefahren hinsichtlich Brand-schutz und Standsicherheit vorliegen, kann nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens erfolgen. In Versammlungsstätten besteht ein erhöhtes Gefährdungsrisiko aufgrund der Art der Nutzung und der Anzahl ortsunkundiger Personen.

Hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung ist es unerheblich, wie häufig eine Veranstaltung durchgeführt wird. Wie sich bei aktuellen und zurückliegenden Schadensfällen gezeigt hat, besteht auch bei einmaligen Veranstaltungen ein hohes Risiko für Personenschäden, wenn die Grundanforderungen an die Standsicherheit und den Brandschutz nicht eingehalten werden.

Die Anforderungen der Sächsischen Bauordnung und der Versammlungsstättenverordnung stellen Mindestanforderungen dar, um die Gesundheit und das Leben von Personen zu schützen.

Im Bestand können im Rahmen eines Prüfverfahrens Abweichungen zugelassen werden, wenn die Anforderungen auf andere Weise erfüllt werden. Dies ist in der Stadt Leipzig gelebte Genehmigungspraxis und wird z.B. durch organisatorische Kompensationsmaß-nahmen geregelt.

Weiterhin wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens das Rücksichtnahmegebot geprüft. Auch bei seltenen Ereignissen muss die Nachbarschaft vor gesundheitsschädlichen Lärmbeeinträchtigungen insbesondere im Nachtzeitraum geschützt werden.

Die angeblich abweichende Genehmigungspraxis anderer sächsischer Gemeinden kann aus Sicht der Unteren Bauaufsichtsbehörde nicht bestätigt werden. Insbesondere im Bezug zur Landeshauptstadt Dresden besteht hier eine einheitliche Haltung und Verfahrensweise.

 

Beschluss der Ratsversammlung am 21. August 2024

Der Antrag wurde durch die einreichende Fraktion nach Zusagen durch die Verwaltung ohne Abstimmung zurückgezogen.

Zurück