Anfrage: Zukunft der Handschwengelpumpe

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 19. Mai 2021

Die Landesdenkmalliste, im weltweiten Netz nur noch enzyklopädisch zu finden, weist 30 sanierte und 30 verfallene Handschwengelpumpen im Stadtgebiet Leipzig aus. Weitere in ihrer Zahl nicht bezeichnete sind im Stadtbild nur noch am Sockel oder gar nicht mehr zu erkennen. Auf sie weisen steinerne Grundplatten hin. Insgesamt sind 147 dieser historischen Brunnen in der Denkmalliste verzeichnet.
Städtische Brunnen und Trinkwasserstellen sind im Rahmen der Klimaanpassung breit kommuniziertes Thema geworden. Hingegen sind öffentliche Wasser-Entnahmestellen, wie jene historischen Handschwengelpumpen, die zwar kein Wasser in Trinkwasserqualität pumpen, aus Sicht der Fraktion Bündnis ‘90/Die Grünen Wert, gerade zu Zwecken der Abkühlung und Gießen von Bäumen, analysiert zu werden. Daneben sind sie ein beliebtes spielerisches Objekt für Kinder und touristische Attraktion.

Wir fragen:
1. Welche Planungen bestehen um die verfallenden Handschwengelpumpen wiederherzustellen?
2. Welchen Stellenwert können Handschwengelpumpen für die Klimaanpassung, gerade im Bewässerungskonzept der Stadt Leipzig haben?
3. Werden die Standorte der Handschwengelpumpen in Zusammenhang mit „Coolen Straßen“ und „Quartiersplätzen“ betrachtet?
4. Ist eine Aufnahme der Handschwengelpumpen in das Spendenaktionswesen der Stadt (ergänzend zu Brunnen, Bäumen und Grabmalen) oder der Leipziger Bürgerstiftung (Bänke) sinnvoll? Welche Potentiale können die Kommunalen Wasserwerke in dem Erbe unserer Vorfahren erkennen?

 

Antwort der Verwaltung vom 19. Mai 2021

Bei den historischen Handschwengelpumpen handelt es sich um Pumpen- und Brunnenanlagen, die nunmehr über 120 Jahre alt sind. Der Erfassung und Pflege der Pumpen kam bereits seit den 1950er Jahren hohe Aufmerksamkeit von Stadtgestaltern und Denkmalpflegern zu. Auch in den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden die historischen Handschwengelpumpen als Teile öffentlicher Daseinsvorsorge, der Wasserversorgungssysteme und gründerzeitlicher Straßenplanungen ergänzend erfasst und von den Leipziger Wasserwerken instandgesetzt und gepflegt.

Von den ehemals 282 Handschwengelpumpen sind bis heute mehr als die Hälfte erhalten. Davon stehen 142 als Kulturdenkmale unter Denkmalschutz.

Das Verkehrs- und Tiefbauamt der Stadt Leipzig ist zuständig für die historischen Handschwengelpumpen im öffentlichen Raum. Um das Jahr 2000 wechselte auch der Betrieb von den Leipziger Wasserwerken zum Verkehrs- und Tiefbauamt.

Aktuell gibt es 20 funktionstüchtige Standorte, die vom Verkehrs- und Tiefbauamt unterhalten und bei Bedarf instandgesetzt werden.

Bei weiteren 100 Standorten, die nicht mehr in Funktion bzw. rudimentär erhalten sind, sorgt das Verkehrs- und Tiefbauamt für die Sicherheit.

Folgende Leistungen sind erforderlich, um die historischen Anlagen zu erhalten, zu restaurieren, wiederherzustellen und die Verkehrssicherheit zu gewährleisten:

  • Bestand erfassen und bewerten
  • Pumpen und Brunnen sanieren: Ausbau und Sicherung des Pumpenaufsatzes, Sanierung des Pumpenaufsatzes, Sanierung Brunnenschacht, Einholung einer wasser- und denkmalschutzrechtlichen Genehmigungen, Baukoordinierung, Objektüberwachung
  • Pumpengehäuse unterschiedlicher historischer Typen (Gotik, Kleiner Löwe, Großer Löwe, Delphin und Vogelkäfig) restaurieren bzw. herstellen: Die Ersatzteile müssen denkmalgerecht und sehr kostenaufwändige als Einzelstücke durch Abguss von Negativformen der Originale nachgefertigt werden
  • sanierte Standorte warten und Instand halten
  • Havariebeseitigung.

 

Zu 1.)

Nach derzeitigem Stand müssen für die Wiederherstellung eines kompletten Pumpenstandortes Kosten von mindestens 50.000 € kalkuliert werden. Dies setzt voraus, dass der unterirdische Pumpenschacht noch intakt ist. Andernfalls erhöhen sich die Kosten nochmals um 20.000 bis 25.000 €.

Bisher sind im Haushalt dafür jährlich Finanzmittel unter dem PSP-Element 1.100.54.1.0.01.08 in Höhe von 20.000 € bereitgestellt. Mit diesen Mitteln konnten in den vergangenen Jahren je Haushalt ca. 2 Handschwengelpumpen in geringerem Umfang restauriert werden.

Einer erhofften Finanzmittelerhöhung, u. a. durch Beantragung von Mitteln aus der Gästetaxe, konnte bisher nicht entsprochen werden.

Der Erhalt und die Sanierung der historischen Handschwengelpumpen kann daher nur schrittweise mit den zur Verfügung gestellten Mitteln erfolgen. Planungen für eine stadtweite Sanierung und Wiederinbetriebnahme der Handschwengelpumpen bestehen derzeit nicht.

 

Zu 2.)

Die Unterstützung der Baumbewässerung durch bürgerschaftliches Engagement ist Bestandteil des in Arbeit befindlichen Bewässerungskonzeptes der Stadt Leipzig und des Stadtratsbeschlusses VII-A-01424.

Für das zusätzliche Bewässern von Straßenbäumen bei extremer Trockenheit durch Anwohner und Bürgerinitiativen in unmittelbarem Wohnumfeld könnten die Handschwengelpumpen aus folgenden Gründen eine Unterstützung darstellen:

  • die im Straßenraum befindlichen Handschwengelpumpen sind leicht zugänglich und für die Bürger eine „kostenfreie“ Wasserquelle
  • das Brunnenwasser der Pumpen ist für die Bewässerung geeignet, es muss dazu kein Trinkwasser genutzt werden
  • die Standorte der Pumpen könnten im Internet-Stadtplan und auf der App der Initiative „Leipzig gießt“ dargestellt werden

Bei der stadtweiten Bewässerung öffentlichen Grüns durch die städtischen Ämter und Eigenbetriebe, also für die Entnahme von großen Mengen von Wasser, z.B. für das Befüllen von Tanks zur Bewässerung der Straßenbäume entlang eines Straßenzugs, können die Handschwengelpumpen aus folgenden Gründen kaum eine Rolle spielen:

  • die Fördermenge von Handschwengelpumpen ist angesichts der Größe der zu füllenden Bewässerungstanks zu gering
  • die Fördertiefe von ca. 10 m macht das Befüllen von Tanks zu einem zeit- und kraftaufwendigen Unterfangen
  • bei den 120-jährigen Brunnenschächten können Standsicherheitsprobleme bei zu großem Grundwasserentzug und sinkendem Grundwasserspiegel nicht ausgeschlossen werden
  • letztlich ist auch der Grundwasserentzug an sich zu bedenken, der lokal ggf. zu weiteren negativen Effekten führt.

 

Zu 3.)

Im Rahmen der Straßenbaumaßnahmen des Verkehrs- und Tiefbauamt wird die Wiederherstellung bzw. Sanierung von Handschwengelpumpen berücksichtigt, soweit es das Budget des Projektes zulässt und der Standort sanierungsfähig ist. Mindestens erfolgt eine Sicherung des Standortes für eine spätere Wiederherstellung.

Im Zusammenhang mit „Coolen Straßen“ und „Quartiersplätzen“ werden die Handschwengelpumpen nicht betrachtet.

 

Zu 4.)

Das Verkehrs- und Tiefbauamt arbeitet bei der Sanierung der Handschwengelpumpen eng mit der Bauservice Leipzig GmbH (BSL), einem Tochterunternehmen der Leipziger Wasserwerke zusammen. Insofern sind auch die Leipziger Wasserwerke am Erhalt des Kulturerbes der Handschwengelpumpen interessiert und beteiligt.

Eine planmäßige Instandsetzung und Restaurierung der Handschwengelpumpen auf der Grundlage eines Konzeptes und die Aufnahme in das Spendenwesen der Stadt Leipzig sind wünschenswert. Um das Thema zu priorisieren, bedürfte es der entsprechenden personellen und finanziellen Ausstattung des Baufachamtes und der Klärung von Haftungsfragen.

Zurück