Anfrage: Schutzgebiete in Leipzig

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024

Mit dem Beschluss der Artenschutzkonferenz von Montreal 2022 ist angestrebt, größere Teile der Erdoberfläche unter Schutz zu stellen (30%) und damit auch ein Überleben der Menschheit sicherzustellen. So ist zum Beispiel die Zahl der Brutvögel in den deutschen Agrarlandschaften um ein Drittel zurückgegangen. Sogar ein Allerweltsvogel wie die Feldlerche wird jetzt auf der Roten Liste der gefährdeten Arten geführt. Der Verlust bei den Insekten fällt sogar noch viel höher aus.

Allerdings fällt das bisher fast nur Fachleuten auf. Denn der Verlust vollzieht sich schleichend über mehrere Jahre hinweg. Und während es die von der Klimaerwärmung ausgelösten Extremereignisse wie Starkregen und Hochwasser immer sofort in die Nachrichten schaffen, ist der Artenverlust nur bei großen, spektakulären Veränderungen eine Meldung wert.

Auf Leipziger Flur gibt es bislang 4 Naturschutzgebiete mit Gesamt 407 ha, sowie 5.435 ha Landschaftsschutzgebiete, bei einer Gesamtfläche von 29.760 ha, wovon 16,8 Prozent der Fläche Leipzigs Wohnbaugebiet sind.  Die Schutzgebietskulissen für die 4 Naturschutzgebiete und Landschaftsschaftsschutzgebiete bedürfen dringend einer Überarbeitung und Anpassung. Das NSG Elster-Pleiße Auwald wurde 1959 ausgewiesen und seitdem nicht angepasst.

Ein Verschieben der Überprüfung und Anpassung in das Auenentwicklungskonzept für die Südaue, mit dem zeitlichen Horizont, dass dies vermutlich erst in den nächsten zehn Jahren erfolgt, erscheint deutlich zu lang, gerade vor dem Hintergrund, dass - siehe RB TV Compound-Fläche - auch weiterhin Baumaßnahmen im und am Wald genehmigt werden.

Die Ausweisung der NSG Burgaue stammt von 1998. Hinzu kommt, dass viele Schutzgebiete nicht ausreichend ausgewiesen und durch teils fehlende Beschilderungen in der Bevölkerung nicht komplett bekannt sind.

Die Seite www.leipziger-auwald.de listet einige Schutzgebietsverordnungen auf, aber nicht alle und wird zudem, obwohl sie ein fachlich herausragendes Angebot enthält, seit 2016 nicht mehr gepflegt oder aktualisiert. Eine zentrale Seite für den Leipziger Auwald und seine Bedeutung fehlt damit. Vor diesem Hintergrund sollte auch ein Auwaldkommunikationskonzept erstellt werden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

  1. Welche Pläne hat die Stadt in Bezug auf die Überprüfung und Anpassung und ggf. Neuausweisung der Schutzgebiete auf Leipziger Flur?
  2. Welche Potentiale sieht die Stadt auf Leipziger Flur für die Ausweisung neuer oder die Erweiterung bestehender Schutzgebiete und welche Planungen hat die Stadt in dieser Richtung?
  3. Welche Renaturierungsprojekte zur Umsetzung der Ziele des Artenschutzes verfolgt die Stadt?
  4. Wie weit ist das Auwaldkommunikationskonzept gediehen und wann wird es vorgestellt?
  5. Ist geplant die Seite leipziger-auwald.de zu übernehmen und weiterzuführen und damit die wichtige Arbeit rund um den Leipziger Auwald weiter zu fördern?
  6. Wie sieht die Stadt das Potential, Wege im Auwald zu reduzieren, um dadurch der Natur mehr Raum zu verschaffen?

 

Antwort der Verwaltung in der Ratsversammlung am 22. Mai 2024

1. Welche Pläne hat die Stadt in Bezug auf die Überprüfung und Anpassung und ggf. Neuausweisung der Schutzgebiete auf Leipziger Flur?

Aktuell befinden sich zwei Schutzgebiete in Bearbeitung: das Naturschutzgebiet „Bläulingswiesen und Vorholz bei Holzhausen“ (Neuausweisung) sowie das aus DDR-Recht übergeleitete Landschaftsschutzgebiet „Nördliche Rietzschke“ (Rechtsanpassung und Erweiterung). Die Neuausweisung des Naturschutzgebiets „Bläulingswiesen und Vorholz bei Holzhausen“ ist 2024/2025 angedacht, die Rechtsanpassung und Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets „Nördliche Rietzschke“ in 2026/2027.

2. Welche Potentiale sieht die Stadt auf Leipziger Flur für die Ausweisung neuer oder die Erweiterung bestehender Schutzgebiete und welche Planungen hat die Stadt in dieser Richtung?

Grundsätzlich besteht hier ein großes Potential. Neben den aktuellen Ausweisungsvorhaben Naturschutzgebiet „Bläulingswiesen und Vorholz bei Holzhausen“ und Landschaftsschutzgebietes „Nördliche Rietzschke“ drängen sich aus fachlicher Sicht beispielsweise folgende weiteren Neuausweisungen bzw. Rechtsanpassungen auf:

- Naturschutzgebiet „Elster-Pleiße-Auewald“ (Rechtsanpassung sowie ggf. Erweiterung)

- Landschaftsschutzgebietes „Östliche Rietzschke-Stünz“ (Rechtsanpassung sowie ggf. Erweiterung)

- Landschaftsschutzgebiet „Schönauer Lachen“ (Neuausweisung)

- Landschaftsschutzgebiet „Kolmberg“ (Neuausweisung)

- Naturschutzgebiet „Bienitz“ (Neuausweisung)

Ebenfalls großes Potential liegt zudem in der Aufstellung und Umsetzung von zielgerichteten Pflege- und Entwicklungsplänen für die bereits ausgewiesenen, rechtsangepassten Schutzgebiete zwecks Aufwertung von Flächen oder strategischer Lenkung der unterschiedlichen Nutzungen wie Erholung, Umweltbildung, Biodiversität, Veranstaltungen (Musik, Kunst, Kultur), Sport oder Tourismus.

3. Welche Renaturierungsprojekte zur Umsetzung der Ziele des Artenschutzes verfolgt die Stadt?

Die Aufwertung von Flächen mit dem Ziel einer Stärkung des Artenschutzes erfolgt beispielsweise über die Umsetzung des Bienenmaßnahmenkataloges. Weiterhin ist eine Aktualisierung des Lachenkonzeptes geplant, um die Lebensräume der stark gefährdeten Amphibien zu verbessern. Als größtes Renaturierungsprojekt ist die Renaturierung des Auwaldes bzw. die Auenentwicklung zu nennen, von der eine Vielzahl an Arten profitieren werden (u.a. geplant im beantragten Naturschutzgroßprojekt, vgl. Beschlussvorlage Stadtrat VII-DS-09803-ÄA-01).

4. Wie weit ist das Auwaldkommunikationskonzept gediehen und wann wird es vorgestellt?

Das Auenkommunikationskonzept ist derzeit in Erarbeitung und wird voraussichtlich bis Ende 2024 vorliegen. Im Anschluss daran wird es dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt.

5. Ist geplant die Seite www.leipziger-auwald.de zu übernehmen und weiterzuführen und damit die wichtige Arbeit rund um den Leipziger Auwald weiter zu fördern?

Im Rahmen des Auwaldkommunikationskonzeptes erfolgten Abstimmungen mit dem Verein ENEDAS, der Herausgeber der Seite ist. Eine Übernahme ist aktuell beiderseitig nicht geplant. Sollte das Naturschutzgroßprojektes „Leipziger Auwald – Fluss-, Auen- und Stadtlandschaft zusammendenken“ gefördert werden, wird ein einheitlicher Medienauftritt initiiert, der bestehende Seiten einbindet bzw. darauf aufsetzt.

6. Wie sieht die Stadt das Potential, Wege im Auwald zu reduzieren, um dadurch der Natur mehr Raum zu verschaffen?

Das Potential ist vorhanden. Häufig finden sich mehrere Wege parallel, bspw. ein Fahrradweg, ein Fußweg und ein Reitweg. Darüber hinaus haben sich viele illegale Trampelpfade etabliert bzw. werden auch weiterhin verstärkt angelegt, um diese beispielsweise für Mountainbike-Touren durch den Auwald zu nutzen. Seitens ASG, Abt. Stadtforsten wurde eine aktuelle Karte für den Auwald zu den vorhandenen Wald- und Reitwegen erstellt. Darauf aufbauend ist eine Prüfung des gesamten Wegesystems angedacht. Als mögliches Resultat dieser Prüfung kann es zu einem Rückbau oder einer Sperrung einzelner Strecken kommen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Rückbau bzw. die Sperrung vorhandener und durch die Bevölkerung genutzter Wege in der Praxis häufig sehr schwierig gestaltet bzw. auf geringe Akzeptanz in der Bevölkerung stößt, weshalb derartige Maßnahmen zielgenau geplant und umgesetzt werden müssen.

Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes „Leipziger Auwald – Fluss-, Auen- und Stadtlandschaft zusammendenken“ ist geplant, die vorhandene Fragmentierung zu reduzieren und eine gezielte Besucherlenkung und Wegekonzeption zu erarbeiten.

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