Anfrage: Rettet die Spätis

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 5. Juli 2023

In Leipzig gibt es die sogenannten „Spätis“, regelmäßig kleine Inhaber*innen-geführte Läden, die Waren des täglichen Verkaufs anbieten und in vielen Stadtteilen auch wichtige Treffpunkte der Menschen vor Ort darstellen.

Eine entsprechende Regelung gibt es im Sächsischen Ladenöffnungsgesetz dazu jedoch nicht, so dass viele der sogenannten Spätis dazu übergehen ab 22 Uhr bzw. am Sonntag als gastronomischen Einrichtung zu gelten und entsprechend nur noch Speisen und Getränke zum Verzehr anzubieten. In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen um diese Spätikultur.

Vor diesem Hintergrund fragen wir an:

  1. Welche Bedeutung hat die Spätikultur aus Sicht der Stadtverwaltung für die Stadt und welche Schritte unternimmt die Stadt um die Spätikultur zu erhalten?
  2. Wie beurteilt die Stadt vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes für das Betreiben von Spätis oder Tante-Emma-Läden außerhalb der regelmäßigen Ladenöffnungszeiten?
  3. Wie viele Kontrollen hat das Ordnungsamt in den letzten drei Jahren an Tante-Emma-Läden bzw. Spätis durchgeführt und welche Konsequenzen haben sich daraus ergeben bzw. was waren die Verstöße, die festgestellt werden konnten?
  4. Teilt die Stadt die Einschätzung, dass die sogenannten Spätis in einigen Stadtteilen Treffpunkte der Menschen vor Ort sind und daher auch eine wichtige soziale Funktion in der Stadt ausüben?
  5. Steht die Stadt im Austausch mit Betreiber*innen von Inhaber*innen-geführten Spätis, um gemeinsam mit diesen Möglichkeiten zu entwickeln, wie Spätis erhalten bzw. unterstützt werden können?

Antwort in der Ratsversammlung am 5. Juli 2023

1. Welche Bedeutung hat die Spätikultur aus Sicht der Stadtverwaltung für die Stadt und welche Schritte unternimmt die Stadt um die Spätikultur zu erhalten?

Sogenannte Spätis erhöhen die Versorgungs- und Aufenthaltsqualität in den Stadtvierteln für Einheimische und Gäste. Sie tragen zur Vielfalt und Steigerung des Angebotes im Lebensmitteleinzelhandel bei. Weiterhin sind sie ein Teil der Leipziger Nachtkultur, weil sie Menschen die Teilhabe am Nachtleben ermöglichen, die sich die Preise bzw. Eintritte in gastronomischen Betrieben und Versammlungsstätten nicht leisten können.

2. Wie beurteilt die Stadt vor diesem Hintergrund die Möglichkeiten des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes für das Betreiben von Spätis oder Tante-Emma-Läden außerhalb der regelmäßigen Ladenöffnungszeiten?

Nach § 3 Abs. 1 Sächsisches Ladenöffnungsgesetz (SächsLadÖffG) ist es Verkaufsstellen gestattet, Montag bis Sonnabend von 06:00 bis 22:00 Uhr zu öffnen. Weder lässt das Gesetz eine Ausweitung zu, noch wurde die Verwaltungspraxis dahingehend geändert.

Gesetzliche Ausnahmen bestehen nur für den Verkauf von Backwaren und Tageszeitungen, zu Einkaufsveranstaltungen, für Apotheken, Tankstellen, Verkehrsflughäfen, Verkehrslandeplätze und Personenbahnhöfe des Schienenverkehrs sowie für Verkaufsstellen, die ausschließlich oder in erheblichem Umfang Zeitungen und Zeitschriften, Blumen, Bäcker- und Konditoreiwaren, frische Milch und Milcherzeugnisse führen. Außerdem können per Rechtsverordnung von der Gemeinde verkaufsoffene Sonntage festgelegt werden (siehe § 8 SächsLadÖffG).

Was gemeinhin als „Spätverkauf“ bezeichnet wird, gilt in Sachsen nur für gastronomische Einrichtungen nach § 1 Sächsisches Gaststättengesetz (SächsGastG), die nach 22:00 Uhr Nebenleistungen nach § 7 SächsGastG an jedermann durch Verkauf über die Straße erbringen dürfen. Dies gilt für Getränke und zubereitete Speisen, die in dem Betrieb angeboten werden, unter anderem Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren.

Maßgeblich bei einer gewerberechtlichen Beurteilung ist hierbei, ob der gastronomische Aspekt tatsächlich bedient wird und nicht nur mittels einer Scheingastronomie die Bestimmungen des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes umgangen werden sollen.

3. Wie viele Kontrollen hat das Ordnungsamt in den letzten drei Jahren an Tante-Emma-Läden bzw. Spätis durchgeführt und welche Konsequenzen haben sich daraus ergeben bzw. was waren die Verstöße, die festgestellt werden konnten?

Es erfolgen nicht nur anlassbezogene Kontrollen sondern auch Kontrollen im regulären Außendienst. Hierbei wird auf alle ordnungsrechtlichen Bestimmungen geachtet (sog. Ganzheitskontrollen).

Eine differenzierte Auflistung aller in Frage kommenden Tatbestände ist mangels statistischer Erfassung nicht möglich. Beispielsweise können festgestellte Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Öffnungszeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SächsLadÖffG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet werden. Außerdem können Verwaltungsverfahren zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen unter Androhung von Zwangsmitteln wie Zwangsgeld durchgeführt werden. Als Ultima Ratio droht bei mehrfachen Verstößen die Schließung der Verkaufsstelle.

4. Teilt die Stadt die Einschätzung, dass die sogenannten Spätis in einigen Stadtteilen Treffpunkte der Menschen vor Ort sind und daher auch eine wichtige soziale Funktion in der Stadt ausüben?

Die Stadtverwaltung teilt die Einschätzung, dass den sogenannten Spätis eine soziale Funktion im Stadtteilgefüge zukommt.

5. Steht die Stadt im Austausch mit Betreiber*innen von Inhaber*innen-geführten Spätis, um gemeinsam mit diesen Möglichkeiten zu entwickeln, wie Spätis erhalten bzw. unterstützt werden können?

Die im NachtRat Leipzig vertretenen Organisationen DEHOGA Sachsen und IHK zu Leipzig stehen anlassbezogen im Austausch mit einzelnen Betreiber/-innen von sogenannten Spätis. Limitierender Faktor für die Möglichkeiten von Spätis ist das Sächsische Ladenöffnungs-gesetz. Beispielsweise zeigt das Land Berlin, dass eine Liberalisierung des Ladenöffnungs-gesetzes flexible Öffnungszeiten auch von Spätis ermöglicht.

Die Bediensteten des Ordnungsamtes stehen im regelmäßigen Austausch mit den Gewerbetreibenden und erläutern im Rahmen von präventiven Gesprächen die Abgrenzung zwischen dem Sächsisches Ladenöffnungsgesetz und dem Sächsisches Gaststättengesetz bzw. wirken auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hin.

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