Anfrage: Gegenwart und Zukunft des Naturkundemuseums

Anfrage zur Beantwortung in der Ratsversammlung am 5. Juli 2023

Mit dem Grundsatzbeschluss zum Umzug des Naturkundemuseums sind die Weichen für die Zukunft des Naturkundemuseums gestellt. Aufgrund des baulichen Zustandes des bisherigen Gebäudes und der personellen Ausstattung fristet das Naturkundemuseum, obwohl es 2021 den sächsischen Museumspreis gewann, ein Schattendasein.

Dabei beherbergt das Naturkundemuseum unter anderem die weltweit größte Sammlung von Tierpräparaten und Plastiken von Herman ter Mer, dem Vorreiter der modernen Dermoplastik.

Das jetzige Objekt wurde ursprünglich als Höhere Bürgerschule zwischen 1837-1839 durch Albert Geutebrück, einem Architekten des Klassizismus errichtet. Durch den 2. Weltkrieg sind ein Großteil der neoklassizistischen Gebäude zerstört worden.

Das Gebäude des derzeitigen Naturkundemuseums zählt zu den letzten neoklassizistischen erhaltenen Gebäuden in Leipzig und ist daher für die Architekturgeschichte äußerst wertvoll.

Gleichwohl befindet sich das Gebäude in einem äußert schlechten Zustand und bislang ist unklar, was nach dem Umzug des Museums geschehen soll. Bereits mehrfach mussten kurzfristig Maßnahmen umgesetzt werden, um das Gebäude vor einer Schließung aufgrund erheblicher Bau- und Brandschutzmängel zu bewahren.

Auch vor dem Hintergrund, dass der Zeitplan zum Umzug sich noch verändern kann, geht es uns um den jetzigen Zustand des Museums und Gebäudes, wie auch der Sammlung.

Wir fragen daher an:

  1. Wie bewertet die Stadt derzeit den baulichen Zustand des Gebäudes und wie hoch ist der kurzfristige Instandsetzungsbedarf?
  2. In welchem Zustand befindet sich das Dach und wie ist der Brandschutz zu bewerten?
  3. Welche Maßnahmen hat die Stadt zur Instandsetzung des Gebäudes geplant und warum wurden in den letzten Jahren keine Maßnahmen zur Ertüchtigung des Gebäudes geplant und umgesetzt?
  4. Teilt die Stadt die Einschätzung, dass es sich bei dem Gebäude aus Denkmalschutzaspekten und Architekturgesichtspunkten um einen bedeutenden Vertreter des Neoklassizismus handelt?
  5. Welche Maßnahmen und Unterstützungen zur Sicherung und Aufbereitung der Sammlung des Naturkundemuseums sind bis zu dessen Umzug geplant, damit es für das Publikum attraktiv und nutzbar bleibt?
  6. Mit welchem zusätzlichen personellen Aufwand rechnet die Stadt beim Umzug des Naturkundemuseums und wie viel Personal, gelistet nach Entgeltklassen, steht dem Museum derzeit zur Verfügung?

Antwort für die Ratsversammlung am 5. Juli 2023

Das Naturkundemuseum der Stadt Leipzig findet seit dem Jahr 1923 seine Heimstätte im Gebäude Lortzingstraße 3, welches in den Jahren 1837 bis 1839 als zweite Bürgerschule der Stadt Leipzig errichtet wurde. Bis in die Gegenwart ist es neben seiner Funktion als Bildungs- und Vermittlungsstätte auch seiner Aufgabe als regionales Archiv des Leipziger Naturraumes nachgekommen und beständig gewachsen. Spätestens seit Übernahme wichtiger Kulturgutbestände der Universität Leipzig, im Zuge der 3. Hochschulreform 1968, ist das Gebäude für einen modernen Museumsbetrieb mit Sammlungsdepot zu klein.

Mit dem Planungsbeschluss zum Umbau des Bowlingtreffs zum neuen Ausstellungshaus und Verwaltungssitz des Museums, wurde eine Perspektive für diese Institution erarbeitet.

 

Frage 1: Wie bewertet die Stadt derzeit den baulichen Zustand des Gebäudes und wie hoch ist der kurzfristige Instandsetzungsbedarf?

 

Das Gebäude Lortzingstraße 3 ist, bis auf die für den Museumsbetrieb notwendigen technischen Anlagen, weitestgehend unsaniert. Aufgrund von Mängeln im baulichen Brandschutz ist seit 2013 die Anzahl der sich gleichzeitig im Gebäude befindlichen Museumsbesucherinnen beschränkt. Für den Museumsbetrieb werden alle notwendigen brand- und sicherheitstechnischen Anlagen regelmäßig von den betreuenden Fachämtern geprüft, gewartet und deren Funktionsfähigkeit sichergestellt.

Der kurzfristige Instandsetzungsbedarf konzentriert sich im Wesentlichen auf die, das Kulturgut schützende, bauliche Gebäudestruktur.

 

Frage 2: In welchem Zustand befindet sich das Dach und wie ist der Brandschutz zu bewerten?

 

Die Dachdeckung des Naturkundemuseums weist schadhafte Stellen auf. Die Kosten für eine grundlegende Reparatur des Daches werden auf etwa 95.000 € geschätzt. Diese Mittel wurden im Mai 2023 dem AGM für die Durchführung dieser Maßnahme zur Verfügung gestellt. Die Reparatur erfolgt noch in diesem Jahr.

 

Am 20.04.2023 hat die Branddirektion der Stadt Leipzig eine Brandverhütungsschau im Gebäude durchgeführt. Die dabei aufgezeigten Mängel sind behoben bzw. werden aktuell abgearbeitet. Eine weitere Beschränkung der öffentlichen Nutzung des Gebäudes ist nicht notwendig.

  

Frage 3: Welche Maßnahmen hat die Stadt zur Instandsetzung des Gebäudes geplant und warum wurden in den letzten Jahren keine Maßnahmen zur Ertüchtigung des Gebäudes geplant und umgesetzt?

 

Die Maßnahmen zur Instandsetzung und Ertüchtigung des Gebäudes beziehen sich im Wesentlichen auf betriebsnotwendige Reparaturen, technische und bauliche Anpassungen, sodass der Arbeits-, Ausstellungs- und Sammlungsbetrieb des Naturkundemuseums am Standort gesichert wird.

 

Umfangreiche Baumaßnahmen im Gebäudeinneren bedürften einer aufwendigen Planung und wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Umzug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Sammlung in einen Interimsstandort verbunden. Dies ist in Anbetracht der zukünftigen Verlagerung von Arbeitsplätzen und Sammlungsbeständen in das neue Naturkundemuseum am Wilhelm-Leuschner-Platz gegenwärtig nicht sinnvoll.

Eine umfangreiche Ertüchtigung des Gebäudes ist erst nach Auszug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der gesamten Sammlung wirtschaftlich und nachhaltig.

 

Im Jahr 2022 wurden Personaltoiletten und eine Personaldusche im Naturkundemuseum eingebaut. Zuvor mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Besuchertoiletten nutzen.

 

Gegenwärtig ist die Reparatur der Dachdeckung in Höhe von etwa 95.000 EUR und kleinerer Reparaturen im Dachbodenbereich geplant (s. Antwort auf Frage 2).

 

Weitere geringfügige Reparaturen werden bei Bedarf aus dem laufenden Bauunterhalt (Budget 13.000 €/a) finanziert.

 

Frage 4: Teilt die Stadt die Einschätzung, dass es sich bei dem Gebäude aus Denkmalschutzaspekten und Architekturgesichtspunkten um einen bedeutenden Vertreter des Neoklassizismus handelt?

 

Das von 1837 bis 1839 als Zweite Höhere Bürgerschule errichtete Gebäude Lortzingstraße 3 gehört zu den wenigen in Leipzig noch erhaltenen Bauwerken des bedeutenden Architekten Albert Geutebrück. Wichtige Zeugnisse seines Schaffens, wie die Universitätsgebäude am Augustusplatz (Augusteum, Fridericianum, Mauricianum) sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Das Gebäude Lortzingstraße 3 kann als ein kultur- und architekturgeschichtlich bedeutender klassizistischer Profanbau der Stadt Leipzig benannt werden.

 

Frage: 5. Welche Maßnahmen und Unterstützungen zur Sicherung und Aufbereitung der Sammlung des Naturkundemuseums sind bis zu dessen Umzug geplant, damit es für das Publikum attraktiv und nutzbar bleibt?

 

Die Sicherung und Aufbereitung der Sammlung wird in den Fachabteilungen der Botanik und der Wirbellosenzoologie durch die Fachkuratoren gewährleistet. Seit 2021 ist dies auch durch die Schaffung einer Stelle und Neubesetzung in der Archäologie gegeben. Die Mitbetreuung der Wirbeltierzoologie erfolgt über nunmehr zwei Präparatoren. Die Einrichtung und Besetzung einer Azubi-Stelle mit Option der Übernahme sichert eine fortlaufend hohe Qualität in der Präparation.

 

Alle anderen Sammlungsbereiche werden unter Zuhilfenahme von Honorarkräften im Rahmen von Projektarbeiten bearbeitet.

 

Die Sammlungsinfrastruktur wurde in den vergangenen Jahren beständig verbessert.

So wurden etwa neue Sammlungsschränke und Mikroskope für die Entomologie und Botanik beschafft. Fortwährend wird die Digitalisierung der Sammlung vorangetrieben.

Hierfür erfolgte die Beschaffung eines Hochleistungsmuseumsscanners sowie einer

3D-Scanstrecke.

 

In den Jahren 2021/22 erfolgte eine Schnellinventarisierung aller Sammlungsobjekte des Museums unter Zuhilfenahme befristeter Fachkräfte.

 

Um die erforderliche Raumkapazität für die Sammlung des Naturkundemuseums zu verbessern, wurde ein Außenlager zur weiteren Unterbringung von Sammlungsbeständen angemietet und darin eine zusätzliche Präparationswerkstatt zur Aufbereitung von größeren Ausstellung- und Sammlungsobjekten eingerichtet.

 

Zusätzlich erfolgte die Etablierung eines umfassenden Schädlings- und Klimamonitorings

und eine Überarbeitung des Notfallmanagements zur systematischen Rettung wertvoller Objekte im Krisenfall. 

 

Frage 6: Mit welchem zusätzlichen personellen Aufwand rechnet die Stadt beim Umzug des Naturkundemuseums und wie viel Personal, gelistet nach Entgeltklassen, steht dem Museum derzeit zur Verfügung?

 

Im Zuge der Planung des neuen Naturkundemuseums am Wilhelm-Leuschner-Platz wird die Museumskonzeption überarbeitet und eine Betreiberkonzeption erarbeitet. In diesem Zusammenhang wird der personelle Betrieb des neuen Museums betrachtet. Mit dem Bau- und Finanzierungsbeschluss für das neue Naturkundemuseum wird dem Stadtrat diese Konzeption vorgelegt werden.

Dem Naturkundemuseum (NKM) stehen gegenwärtig 16,85 VzÄ zur Verfügung. Die Zusammenfassung zu Entgeltgruppen wird wie folgt dargestellt:

 

  1.          bis EG 9a:                  2,92 VzÄ
  2.          EG 9b - EG 12           9,80 VzÄ
  3.          ab EG 13:                   4,13 VzÄ              

Aktuell sind alle Stellen im Naturkundemuseum besetzt. Die Gesamtzahl der Beschäftigten beträgt 24 (inklusive zwei Volontärstellen).

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